Mitglied kann nur werden, wer Reichsdeutscher arischer Abstammung ist. (...) § 5 An der Spitze des Vereins steht der Vereinsleiter bzw. dessen Stellvertreter. Er ist alleiniger Vorstand im Sinne des § 26 des Bürgerlichen Gesetzbuches. Er wird vom zuständigen Stadtgruppenführer berufen und kann von diesem jederzeit abberufen werden. Ein mehrgliedriger Vorstand besteht nicht. Der Vereinsleiter kann seinen Vertreter und seine Mitarbeiter zu seiner Unterstützung in der Geschäftsführung bestimmen und sie, falls erforderlich, abberufen. Die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches in § 27 Abs.1, § 32 sowie § 33 kommen in Fortfall. Der Vereinsleiter kann somit allein im Einverständnis mit dem Stadtgruppenführer Änderungen der Satzung vornehmen. Der Leiter des Vereins bzw. dessen Stellvertreter entscheidet in allen Vereinsangelegenheiten nach Anweisung des Stadtgruppenführers. Die Mitgliederversammlung hat nur beratende Stimme. (...) § 6 Der Vereinsleiter oder sein Beauftragter Stellvertreter ist berechtigt, von jedem Vereinsmitglied Pflichtarbeitsstunden zu verlangen, deren Anzahl vom Vereinsleiter bzw. dessen Stellvertreter im Einvernehmen mit dem Stadtgruppenführer festgelegt wird. Körperlich behinderte Vereinsmitglieder sind von den Pflichtarbeitsstunden befreit. (...)“ In den 12 Jahren des "Dritten Reiches" kamen die verschiedensten Aufgaben auf die Vereine zu, besonders aber in den Kriegsjahren. Da wurde zu intensiver Bewirtschaftung der Gärten aufgefordert, es gab Schulungen, und von den Mitgliedern wurden Einsätze der verschiedensten Art gefordert. Der Vereinsführer war ja gemäß § 6 der Satzung dazu berechtigt. Es ist klar, dass aus der ehemaligen freiwilligen Vereinigung über Nacht eine Vereinigung mit Zwängen wurde. Kaum einer wagte da wohl auszutreten; zu sagen hatte niemand etwas, selbst die Mitgliederversammlung hatte nur beratende Stimme. Es heißt da in einem Protokoll wörtlich: " Wir wollen auch im Gartenbau alles daransetzen, damit der Sieg unser wird. " An einer anderen Stelle heißt es: "Auftauchende Gerüchte - Für Saatkartoffel das 6-8fache bei der Ernte abgeben - während der Gemüsezeit 2 fleischlose Monate - Hühnerhalter sollen pro Huhn 60 Eier abliefern - müssen von Mund zu Mund als Feindpropaganda erklärt werden. Dosen und Deckel waren wegen Transportschwierigkeiten noch nicht lieferbar. Auch die 65 Torfballen waren wegen Versandschwierigkeiten noch nicht angekommen. Kunstdünger kann vom Händler bezogen werden. Eine Süßstoffverteilung konnte nur in der Versammlung vorgenommen werden. Spiritus und Petroleumscheine sind in den Donnerstagssprechstunden erhältlich. Alle trockenen, alten Bäume müssen laut Reichsgesetz entfernt werden. Der Vereinsleiter gibt als Hühnerfachberater Ratschläge für gesunde Hühnerhaltung und zwar: 12 Kleinigkeiten, richtig angewandt, bringen den großen Erfolg. Es können noch abgegeben werden: 1000 Deckel und 500 Dosen. Mit dem Sieg Heil' auf Führer, unser siegreiches Heer und unser starkes Volk schließt der Vereinsleiter um 23 Uhr die Monatsversammlung. " Trotz Krieg und Nazi-Propaganda beschäftigten sich die Vereine bzw. deren Mitglieder auch weiterhin mit den Fragen des Straßenbaus und der Kanalisation. So schrieb mit Datum vom 27.04.1940 ein Mitglied aus dem Zeißpfad 11 folgenden Brief an das Stadt-Entwässerungsamt Berlin-Tempelhof: „Betr. Kanalisation Berlin - Lichtenrade Zeißpfad Straße 6 und Straße 3 Ich sehe mich voranlasst, mich bei Ihnen wegen der bisherigen dilatorischen Behandlung der für uns alle so brennenden Kanalisation Beschwerde einzulegen und richte an Sie die dringende Bitte, höheren Orten dafür zu sorgen, dass endlich mit dem Bau der Kanalisation des Zeißpfades, der Straße 6 und der Straße 3 noch in diesem Jahre begonnen wird. Seit Jahren leben wir hier bezüglich der Kanalisation und der Straßen In geradezu unhaltbaren Verhältnissen, die ja auch Ihnen zur Genüge bekannt sind. In diesem harten langen Winter und auch im Herbst und im Frühjahr wie bei Regenwetter sind die Wege so grundlos, besonders nach der Schneeschmelze, dass nicht einmal Krankenwagen und andere Verkehrsmittel hier in der Siedlung verkehren können. Ein bekannter Arzt, der einen schwerkranken Siedler besuchen wollte, blieb mit seinem Auto stecken und musste sich durch den Straßenschlamm durchkämpfen, um dem Patienten Hilfe zu leisten. In der Straße 6 und auch in der Straße 3 bildeten sich die übelsten Sümpfe, so dass die Technische Nothilfe einsetzen musste, um die Bewohner von dieser Wassergefahr zu befreien. Dann kommt das Auspumpen der Klärgruben! Ein Kapitel für sich! Das Auspumpen der Schmutzwasser und der menschlichen Abgänge sind wegen der kaum vorstellbaren Gerüche, der Fliegen und Ungezieferplage eine ganz üble Angelegenheit und in hygienischer Hinsicht nicht länger ertragbar. Weil keine Wagen usw. zum Ausfahren der Klärgruben zur Verfügung stehen, ist es gerade jetzt im Kriege doppelt schlimm. So kann es wirklich nicht weitergehen, denn wir wohnen in einer fast geschlossenen Siedlung. Und ehe nicht kanalisiert wird, gibt es keine Straße. Also zusammengefasst ist dieser Zustand für die Reichshauptstadt Berlin wirklich kein Ruhmesblatt, denn von Seiten der Siedler ist alles geschehen, von der Stadt Berlin leider bisher gar nichts. Heil Hitler!“ 1945 stand man vor Trümmern. Auch Lichtenrade war vom Bombenkrieg nicht verschont geblieben. Wie oft in den Kriegsjahren mussten die Mitglieder ihre zerstörten Häuser reparieren, oft mehrmals das Dach decken, sofern es gelang, Ziegel zu bekommen, die Fenster mussten mit Pappe vernagelt werden, denn nicht immer gab es Glas, und mancher stand vor seinem mühsam ersparten Haus, wo es nichts mehr zu reparieren gab.
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