1933 bis 1945: „Verbundenheit von Blut und Boden als Grundlage für Staat und Volk“

Mitglied kann nur werden, wer Reichsdeutscher arischer Abstammung ist. (...) § 5 An der Spitze des Vereins steht der Vereinsleiter bzw. dessen Stellvertreter. Er ist alleiniger Vorstand im Sinne des § 26 des Bürgerlichen Gesetzbuches. Er wird vom zuständigen Stadtgruppenführer berufen und kann von diesem jederzeit abberufen werden. Ein mehrgliedriger Vorstand besteht nicht. Der Vereinsleiter kann seinen Vertreter und seine Mitarbeiter zu seiner Unterstützung in der Geschäftsführung bestimmen und sie, falls erforderlich, abberufen. Die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches in § 27 Abs.1, § 32 sowie § 33 kommen in Fortfall. Der Vereinsleiter kann somit allein im Einverständnis mit dem Stadtgruppenführer Änderungen der Satzung vornehmen. Der Leiter des Vereins bzw. dessen Stellvertreter entscheidet in allen Vereinsangelegenheiten nach Anweisung des Stadtgruppenführers. Die Mitgliederversammlung hat nur beratende Stimme. (...) § 6 Der Vereinsleiter oder sein Beauftragter Stellvertreter ist berechtigt, von jedem Vereinsmitglied Pflichtarbeitsstunden zu verlangen, deren Anzahl vom Vereinsleiter bzw. dessen Stellvertreter im Einvernehmen mit dem Stadtgruppenführer festgelegt wird. Körperlich behinderte Vereinsmitglieder sind von den Pflichtarbeitsstunden befreit. (...)“ In den 12 Jahren des "Dritten Reiches" kamen die verschiedensten Aufgaben auf die Vereine zu, besonders aber in den Kriegsjahren. Da wurde zu intensiver Bewirtschaftung der Gärten aufgefordert, es gab Schulungen, und von den Mitgliedern wurden Einsätze der verschiedensten Art gefordert. Der Vereinsführer war ja gemäß § 6 der Satzung dazu berechtigt. Es ist klar, dass aus der ehemaligen freiwilligen Vereinigung über Nacht eine Vereinigung mit Zwängen wurde. Kaum einer wagte da wohl auszutreten; zu sagen hatte niemand etwas, selbst die Mitgliederversammlung hatte nur beratende Stimme. Es heißt da in einem Protokoll wörtlich: " Wir wollen auch im Gartenbau alles daransetzen, damit der Sieg unser wird. " An einer anderen Stelle heißt es: "Auftauchende Gerüchte - Für Saatkartoffel das 6-8fache bei der Ernte abgeben - während der Gemüsezeit 2 fleischlose Monate - Hühnerhalter sollen pro Huhn 60 Eier abliefern - müssen von Mund zu Mund als Feindpropaganda erklärt werden. Dosen und Deckel waren wegen Transportschwierigkeiten noch nicht lieferbar. Auch die 65 Torfballen waren wegen Versandschwierigkeiten noch nicht angekommen. Kunstdünger kann vom Händler bezogen werden. Eine Süßstoffverteilung konnte nur in der Versammlung vorgenommen werden. Spiritus und Petroleumscheine sind in den Donnerstagssprechstunden erhältlich. Alle trockenen, alten Bäume müssen laut Reichsgesetz entfernt werden. Der Vereinsleiter gibt als Hühnerfachberater Ratschläge für gesunde Hühnerhaltung und zwar: 12 Kleinigkeiten, richtig angewandt, bringen den großen Erfolg. Es können noch abgegeben werden: 1000 Deckel und 500 Dosen. Mit dem Sieg Heil' auf Führer, unser siegreiches Heer und unser starkes Volk schließt der Vereinsleiter um 23 Uhr die Monatsversammlung. " Trotz Krieg und Nazi-Propaganda beschäftigten sich die Vereine bzw. deren Mitglieder auch weiterhin mit den Fragen des Straßenbaus und der Kanalisation. So schrieb mit Datum vom 27.04.1940 ein Mitglied aus dem Zeißpfad 11 folgenden Brief an das Stadt-Entwässerungsamt Berlin-Tempelhof: „Betr. Kanalisation Berlin - Lichtenrade Zeißpfad Straße 6 und Straße 3 Ich sehe mich voranlasst, mich bei Ihnen wegen der bisherigen dilatorischen Behandlung der für uns alle so brennenden Kanalisation Beschwerde einzulegen und richte an Sie die dringende Bitte, höheren Orten dafür zu sorgen, dass endlich mit dem Bau der Kanalisation des Zeißpfades, der Straße 6 und der Straße 3 noch in diesem Jahre begonnen wird. Seit Jahren leben wir hier bezüglich der Kanalisation und der Straßen In geradezu unhaltbaren Verhältnissen, die ja auch Ihnen zur Genüge bekannt sind. In diesem harten langen Winter und auch im Herbst und im Frühjahr wie bei Regenwetter sind die Wege so grundlos, besonders nach der Schneeschmelze, dass nicht einmal Krankenwagen und andere Verkehrsmittel hier in der Siedlung verkehren können. Ein bekannter Arzt, der einen schwerkranken Siedler besuchen wollte, blieb mit seinem Auto stecken und musste sich durch den Straßenschlamm durchkämpfen, um dem Patienten Hilfe zu leisten. In der Straße 6 und auch in der Straße 3 bildeten sich die übelsten Sümpfe, so dass die Technische Nothilfe einsetzen musste, um die Bewohner von dieser Wassergefahr zu befreien. Dann kommt das Auspumpen der Klärgruben! Ein Kapitel für sich! Das Auspumpen der Schmutzwasser und der menschlichen Abgänge sind wegen der kaum vorstellbaren Gerüche, der Fliegen und Ungezieferplage eine ganz üble Angelegenheit und in hygienischer Hinsicht nicht länger ertragbar. Weil keine Wagen usw. zum Ausfahren der Klärgruben zur Verfügung stehen, ist es gerade jetzt im Kriege doppelt schlimm. So kann es wirklich nicht weitergehen, denn wir wohnen in einer fast geschlossenen Siedlung. Und ehe nicht kanalisiert wird, gibt es keine Straße. Also zusammengefasst ist dieser Zustand für die Reichshauptstadt Berlin wirklich kein Ruhmesblatt, denn von Seiten der Siedler ist alles geschehen, von der Stadt Berlin leider bisher gar nichts. Heil Hitler!“ 1945 stand man vor Trümmern. Auch Lichtenrade war vom Bombenkrieg nicht verschont geblieben. Wie oft in den Kriegsjahren mussten die Mitglieder ihre zerstörten Häuser reparieren, oft mehrmals das Dach decken, sofern es gelang, Ziegel zu bekommen, die Fenster mussten mit Pappe vernagelt werden, denn nicht immer gab es Glas, und mancher stand vor seinem mühsam ersparten Haus, wo es nichts mehr zu reparieren gab.

1945 bis 2018: Von der Fusion bis zur serviceorientierten Interessenvertretung

  • 1945 +

    1945 schwiegen die Waffen. Die Vereine bestanden nicht mehr, Versammlungen waren zunächst verboten, und es ging darum, zu überleben. Man fand sich nach einiger Zeit wieder zusammen, die einzelnen Vereine führten ein bescheidenes Leben. Erst 1947 wurde die Bildung von Vereinen wieder zugelassen. Antrag und Satzungsentwurf waren in Englisch und Deutsch in mehrfacher Ausfertigung über das Bezirksamt an die Alliierte Kommandantur einzureichen.Es fehlte an allem. Über die Vereine versuchte man Holz, Baustoffe, Zement, Samen, Zaunpfähle usw. zu bekommen. Bald sah man ein, dass die einzelnen mitgliederschwachen Vereine nicht viel erreichen konnten. So war es kein abwegiger Gedanke, alle Vereine zu einem großen Verein zu vereinigen, und die großen Aufgaben, die bevorstanden, gemeinsam zu lösen. Das war nicht ganz einfach. Versammlungen waren dazu einzuberufen. Aber jede Versammlung musste vorher durch die Alliierte Kommandantur genehmigt werden. Der Antrag war stets in Englisch und Deutsch in mehrfacher Ausfertigung einzureichen.
  • 1947 +

    Nach Kriegsende entwickelt sich auch in den Lichtenrader Grundbesitzervereinen wieder ein Vereinsleben. Besonders aktiv ist der Haus- und Grundbesitzerverein Berlin-Lichtenrade 1903 unter Leitung von Hermann Wundrich. Mit geringen Änderungen wird die Satzung von 1926 wieder in Kraft gesetzt. Für eine offizielle Anmeldung des Vereins ist die Genehmigung der amerikanischen Behörden erforderlich. Schon Anfang 1947 gibt es Bestrebungen, sämtliche Lichtenrader Grundbesitzervereine zu einem großen Verein zusammenzuschließen.
  • 1948 +

    Auf der Generalversammlung am 13. Januar 1948 wird erstmals ein Vorstand gewählt, dem auch Mitglieder anderer Lichtenrader Vereine, z. B. des Haus- und Grundbesitzervereins Bayerisches Viertel, angehören. Somit ist der Zusammenschluss der Vereine vollzogen. Wichtiges Thema des Vereins ist der Flurschutz. Von Juni bis Oktober 1947 wurde gegen 327 Personen nur in Lichtenrade Strafantrag wegen Diebstahls gestellt. Den Personen wurden 5.274 kg Obst, Gemüse, Getreide usw. abgenommen, das diese von Feldern und aus Gärten in Lichtenrade gestohlen hatten. Aufgrund der regen Teilnahme der Mitglieder finden immer zwei Versammlungen zu verschiedenenTerminen mit den gleichen Themen statt.
  • 1949 +

    Der Wahlausschuß des Vereins ist der Meinung, dass „ein Geschäftsmann in der Art des Geschäftes, wie es Herr Wundrich (Anm.: der Vorsitzende) betreibe, nicht mehr Vorsitzender eines solchen Vereins sein darf. Eine völlige Trennung von Geschäftsinteressen und denen des Vereins sei dringendes Erfordernis“. Auf der Mitgliederversammlung vom 30. Januar 1949, zu der 295 von rd. 1.650 Mitgliedern anwesend sind, wurde Herr Hubert Kissner zum Vorsitzenden gewählt. Das Vereinsvermögen beträgt in Folge der Währungsreform nur noch rd. DM 300,-.
  • 1950 +

    Der Verein bezieht erstmals eine eigene Geschäftsstelle, und zwar in der Bahnhofstr. 14 über dem Bestattungsinstitut Dannert. Mietbeginn ist der 1. Dezember 1950. Die Sprechstunden finden immer montags und freitags von 14 bis 19 Uhr und mittwochs von 9 bis 13 Uhr statt. (Anmerkung: Noch heute finden die Sprechstunden mit geringen Änderungen zu diesen Terminen statt.)
  • 1951 +

    Die Geschäftsstelle des Vereins erhält einen eigenen Telefonanschluß mit der Nummer 70 88 72. Herr Rossmann wird vom Verein für die Arbeit auf der Geschäftsstelle und den Sprechstunden angestellt. Es findet eine Protestveranstaltung gegen die schlechte Anbindung Lichtenrades mit öffentlichen Verkehrsmitteln statt. Mit einer Resolution werden Abgeordnetenhaus, Senat, Bezirksamt und BVG aufgefordert, die Buslinie 2 von Lankwitz Kirche bis zum Bahnhof Lichtenrade und die Straßenbahnlinie 99 bis zur Jerusalemer Kirche zu verlängern. Hans Ribbach wird zum Vorsitzenden gewählt.
  • 1952 +

    Nach vielen organisatorischen Dingen stehen jetzt Themen wie Lastenausgleich, Hypothekengewinnabgabe, Straßenbau und Pflasterung, Baunotabgabe und Kriegsschädenbeseitigung im Mittelpunkt der Vereinstätigkeit. Sehr wichtiges Thema ist die Verwaltung der Pflaster- und Kanalisationskassen. Der Verein ist als Folge der Verschmelzung für rund ein Dutzend derartiger Kassen zuständig.
  • 1953 +

    Endlich! Am 16. Februar 1953 wird die Verschmelzung der Vereine zum Haus- und Grundbesitzerverein Berlin-Lichtenrade e.V. im Vereinsregister eingetragen.Der Vorsitzende Hans Ribbach verstirbt. Reinhold Paasch übernimmt kommissarisch den Vorsitz bis dann im Laufe des Jahres Max Schneider zum Vorsitzenden gewählt wird.
  • 1954 +

    Das Bezirksamt regt an, die Pflasterkassen in modernisierter Form wiederzubeleben. Die Mitglieder lehnen dies ab und erheben sogar die Forderung, dass die Pflasterkosten nicht von den Anliegern erhoben werden dürften, da diese durch die hohen Kosten dem wirtschaftlichen Ruin ausgeliefert seien.
  • 1955 +

    Auf einer Mitgliederversammlung wird von einem Vertreter des Schutzbundes für Hausbesitz über das Thema „Die Not des Berliner Hausbesitzes und Abwehrmaßnahmen gegen seine Entrechtung“ referiert. In Lichtenrade werden rund 100 neue Straßenlaternen aufgestellt.
  • 1956 +

    Der bisherige Geschäftsführer Herr Rossmann legt sein Amt nieder. Die Nachfolge übernimmt Herr Wilhelm Engel. Herr Albrecht Schirmer wird zum Vorsitzenden gewählt.
  • 1957 +

    Von 213 nicht ausgebauten Straßen im Bezirk Tempelhof liegen 115 im Ortsteil Lichtenrade. Der Straßenausbau geht nicht voran. Gegenüber dem Senat wird der Vorwurf erhoben, von den Lichtenradern die Grundsteuer zu kassieren, das Geld aber zum Ausbau von Straßen in der Innenstadt zu verwenden.Die Geschäftsstelle ist zum 1. Juli 1957 in den Kirchhainer Damm 10 umgezogen. Im Jahr 1957 haben sich 670 Mitglieder auf der Geschäftsstelle beraten lassen. „Die starke Inanspruchnahme“, so der Jahresbericht 1957, „erkläre sich durch die immer komplizierter werdenden Gesetze und Verordnungen den Haus- und Grundbesitz betreffend". Am Vereinsausflug zum Tegeler See nahmen 516 (!) Mitglieder und Angehörige teil. Die Beförderung erfolgte in 13 Omnibussen.
  • 1958 +

    Im Jahr 1958 wurden ganze 350 m Straße (Feldstedter Weg) ausgebaut. Es stehen noch rd. 25 km Straße zum Ausbau an.
  • 1959 +

    Am 26. Juni 1959 findet unter dem Motto „Heraus zum Massenprotest gegen Vernachlässigung des Straßenbaus in Lichtenrade“ eine öffentliche Protestversammlung statt. Die Versammlung sowie die beschlossene Resolution finden ein gutes Echo in der Presse; und auch weitere Gelder werden vom Senat für den Straßenbau zur Verfügung gestellt. Auf Antrag des Vereins werden 42 neue Straßenleuchten aufgestellt.
  • 1960 +

    Noch immer sind 25 km Straßen in Lichtenrade nicht ausgebaut. Im Jahr 1960 wurden rd. 900 m Straße ausgebaut. Bei diesem Bautempo und unter Berücksichtigung der weiteren Erschließung Lichtenrades durch den Wohnungsneubau wird der Ausbau der Straßen erst in ca. 50 Jahren abgeschlossen sein, so der damalige Vorstand in seinem Jahresbericht.
  • 1961 +

    Das Thema Straßenbau ist inzwischen politisch so dringend, dass der zuständige Bezirksstadtrat Hoffmann an einer Vorstandssitzung des Vereins teilnimmt. Herr Engel, Geschäftsführer des Vereins, kritisiert den Zustand der Geschäftsstelle, „da ein geordneter Geschäftsbetrieb kaum noch zu gewährleisten ist“. Die Straßenbahnlinie 99 wird am 30. September eingestellt und durch Busse ersetzt. Der Verein fordert die Verlängerung der U-Bahn nach Lichtenrade. Die Altbaumietenverordnung tritt in Kraft; sie ermöglicht Mieterhöhungen bei Untervermietung, gewerblicher Nutzung und Modernisierung sowie die Umlage von Betriebskostenerhöhungen. In Marienfelde soll ein Klärwerk gebaut werden. An der Blohmstraße nimmt eine Tonschürfanlage ihren Betrieb auf. Proteste der Anwohner und des Vereins waren ohne Erfolg.
  • 1962 +

    Um eine bessere Mitgliederberatung zu ermöglichen, wird ein zweiter Raum für die Geschäftsstelle angemietet.
  • 1963 +

    Erstmals seit Gründung des Vereins im Jahr 1903 wird der Mitgliedsbeitrag angehoben, und zwar von 6,- DM pro Jahr auf 9,- DM pro Jahr. Die Geschäftstelle zieht um. Neuer Sitz ist Alt-Lichtenrade 132. Zur Unterstützung des Geschäftsführers wird eine Schreibkraft (Frau Liebold) eingestellt. Diese Themen beschäftigten den Verein im Jahr 1963: Vernachlässigung des Straßenbaus, Splittwerk in der Blohmstraße (Lärm, Staub), Splittlagerplatz in der Groß-Ziethener Straße bei Reisel, Montagehalle an der Steinstraße, Veranlagungsbescheide des Bezirksamts für 1900 bis 1910 gebaute Straßen, Oberflächenentwässerung in Lichtenrade, besonders Dielingsgrund u.a.
  • 1964 +

    Endlich geht es mit dem Straßenausbau voran: Für das Jahr 1964 sind fast 4 Mio. DM für Kanalisation und Straßenbau vorgesehen.
  • 1965 +

    Zum Ende des Jahres ist eine Mieterhöhung im Altbau zulässig. Dies erhöht sofort den Beratungsbedarf: in drei Monaten kommen 350 Mitglieder in die Sprechstunden.
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